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Gedanklicher Smalltalk

Und wieder war es der Zufall, am Morgen auf dem Bahnsteig. 

Seit einiger Zeit treffen wir uns öfter in der Mitte unserer beiden Arbeitsplätze. 

Du mit deinem Rucksack und den weißen Schuhen.

Stehst da, wie vor einem Jahr. Als du mich noch mit deinem Auto abgeholt hast, als du gerade von ihr gekommen bist und dann mit einer Distanz mit mir den Abend zu verbringen. 

 

So sehe ich dich heute, in dem Mantel, den wir zusammen für dich gekauft haben. Er steht dir heute noch sehr gut. 

Es ist vertraut, irgendwie als ob ich dir alles erzählen will. Ja, du fehlst mir öfter in meinem Leben, viel zu oft für mein Empfinden. 

 

Ein kurzes Gespräch, Small Talk. Wie geht es dir, wie geht es mir.Und dann das übliche: wir müssen uns mal sehen. 

Dreimal hast du nun schon unser Treffen abgesagt, dreimal verschoben oder mich vertröstet. 

 

Freitag hast du vorgeschlagen, morgen. Und ich weiß jetzt schon, dass das nicht stattfinden wird. 

Das du mir absagen wirst, weil die Bahn nicht fährt, weil du länger arbeiten musst, weil noch ein Termin reingekommen ist. 

Alles Ausflüchte, ein Einreden auch meinerseits. 

 

Gedanken bestimmen unser Leben, unsere Art und Weise des Handelns.

Also hinterfrage ich mich, warum ich so denke. Vielleicht will ich mich auch gar nicht mit dir treffen. Vielleicht bin ich mir auch unsicher.

 

Was sollen wir erzählen? Von unseren neuen Bekanntschaften? Von den nächtelangen Trinken, dem Aufwachen in neuen Betten, zu zweit, zu dritt? 

Den Tränen am Abend, wenn der Sonntag seine Einsamkeit über einen legt oder das Hochgefühl, wenn man einen Freitag erlebt, der einem im Gedächtnis bleibt? 

 

Vielleicht wirst du mir über deine neue Geschäftsidee berichten, mir sagen, wie erfolgreich du bist. 

Vielleicht willst du auch endlich mal deine ganzen Sachen wiederhaben. 

Aber nein, nach einem Jahr- sorry, nein, die bleiben bei mir. 

 

Aber heute ist erst einmal Donnerstag, es ist 08:00 und ich sitze im Zug Richtung Heimat. Richtung meiner Arbeit, Richtung meinem neuen Leben. 

 

Ich atme ein, ich atme aus. Ich schließe die Augen und weiß schon innerlich, dass wir uns morgen nicht sehen werden, dass ich meinen kurzen Rock und meine Highheels im Schrank lassen werde und zum Sport gehe. 

Weil ich weg will, weil die Gedanken zu dir nicht mehr real sein sollen. 

 

Weil ich dich nicht mehr in meinem Leben haben möchte, oder doch? 

 

Liebes Unterbewusstsein, ich werde dir noch zeigen, dass ich ihn nicht mehr brauche. 

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