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Die Waschmaschine

Ich glaube es einfach nicht- eine Waschmaschine ist übergelaufen und nun warte ich über einer Stunde auf ein Date. 

Zumindest meldet er sich, wirkt aber ziemlich gestresst. 

 

Will ich das für meinen Samstagabend? Will ich einen Mann, der anscheinend seine Zeit nicht gut einteilen kann und unkoordiniert ist? 

 

Denn gerade bin ich mit mir eigentlich sehr glücklich. 

 

Ich trinke ein Glas Wein, arbeite an meinem Blog und sitze in einer gemütlichen Bar in meiner Heimatstadt. Sie ist noch nicht sehr gefüllt, was angenehm ist. Neben mir ein älterer Herr, ich glaube er liest fast jedes Wort mit, was ich schreibe.

Aber soll er doch, gerne. Kann ihm ja auch mal interessante Texte zeigen, aber will ihn ja nicht schocken. 

 

Kurz frage ich mich, ob ich noch ein zweites Glas Wein nehmen soll. Was für eine Frage denke ich mir zeitgleich- natürlich. 

Aber meine Wangen werden schon rot, ähneln immer mehr der Farbe des Getränkes vor mir. 

Macht es mir was? Nein. Absolut nicht. 

Denn der Wein hat eine perfekte Farbe. Primitivo- mein „Handy-aus“- Wein. 

Sollte ich dies heute einmal beherzigen, habe ich gestern schließlich auch nicht. 

 

Und die Folge: Zwei Anrufe bei meinem Ex und eine Konversation, ein Chatverlauf mit meinem Mr. Police, welchen ich im nüchternen Zustand nicht mal selbst verstehe. 

Aber ich denke ja vor, habe heute eine ‚per-walk-of-shame‘- Entschuldigungsnachricht geschrieben. 

„Ich entschuldige mich jetzt schon für die Texte, welche ich nach 24:00 schreibe, bitte lösch sie gleich“. Ziemlich gut finde ich, ziemlich clever. Geht ja auch mal. 

Somit habe ich gleich für alles vorgesorgt. 

 

Die Bestellung läuft, der liebe Herr hinter der Bar fragte mich gleich, ob es nicht ein halber Liter sein soll. 

Sehe ich wirklich so bedürftig aus? 

Na egal, vielleicht meint er es ja auch nur gut. Mir auch gleich, ich nehme es mit Humor. 

 

Die Mädels, welche in die Bar kommen sehen hübsch aus. Wimpern perfekt, Make-up sitzt. 

Sie gehen aus, wollen in die Nacht um eventuell etwas zu erleben. 

Ich versteh sie. Sie sind zu zweit unterwegs. So war ich früher auch. Unsicher allein, zu viel Wert gelegt auf Urteile von außen. 

 

Heute sitze ich hier allein, trinke meinen (ja, ich habe zu dem 0,5 l zugestimmt) Wein und warte seit nun schon wieder 78 Minuten auf mein Date. 

Oder bin ich einfach nur allein? Oder einsam? 

Ich finde die beiden Wörter sind völlig verschieden in ihrer Bedeutung. 

Ich bin gerade allein, aber absolut nicht einsam. 

Ganz im Gegenteil. Ich habe mich lange schon nicht mehr so verbunden gefühlt. Mit mir. 

 

Denn ich merke, dass solche Abende in einer Bar, allein mit meinem Rechner mir sehr zusagen. 

Man wird nicht abgelenkt, kann sich die Leute anschauen und beobachten. 

 

Irgendwie allein und doch nicht einsam. 

 

Er ist noch nicht da, aber ich warte. 

Denn der Wein zeigt Wirkung und nun habe ich noch mehr Lust auf den Abend. 

 

Und wenn er gar nicht kommt? Kein Problem- dann fülle ich den halben Liter noch einmal auf und komme auf meine Back-up-Männer zurück. 

 

Denn nicht nur die Entschuldigungsnachricht davor habe ich geplant, nein, Frau von Heute plant schon vorsichtig den weiteren Abend. Nicht verbindliches, nur als Back-up. So wie es alle heutzutage machen. 

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